Aktuelle Bildungsthemen

Fremdsprachenunterricht an den Primarschulen der deutschen Schweiz

20.01.2014

Medienmitteilung Schule und Elternhaus Schweiz - Heinz Bäbler, Vorstand S&E Schweiz

Gelingensbedingungen müssen stimmen

Für S&E Schweiz sind im Zusammenhang mit dem Erlernen von Fremdsprachen in der deutschen Schweiz – also Englisch und Französisch – zwei Anliegen zentral:

  • Die Voraussetzungen bzw. Gelingensbdingungen für die Umsetzung der geltenden Sprachstrategie aus dem Jahre 2004 müssen umgesetzt  sein.
  • Die Einführung der ersten und zweiten Fremdsprache an der Primarschule soll in der deutschen Schweiz einheitlich sein, d.h. in den deutsch Schweizer Kantonen soll der Beginn des Lernens der ersten bzw. zweiten Fremdsprache im gleichen Zyklus (Primarstufe oder Primarstufe / Sekundarstufe)  erfolgen. Damit äussern wir uns nicht zur Frage, welche Fremdsprache – französisch oder englisch – zuerst eingeführt werden soll.

Die EDK hat am 25.03.2004 z. Hd. der deutsch Schweizer Kantone die Sprachstrategie verabschiedet, welche Empfehlungen und eine Arbeitsplanung zur Koordination und zur Verbesserung der Qualität des Sprachunterrichts enthalten. Zur Umsetzung der Sprachstrategie wurde die Einführung von zwei Fremdsprachen an der Primarschule in die Wege geleitet. Die vier Ziele dieser Strategie – das Sprachenlernen insgesamt verbessern (auch der ersten Sprache); besser vom Potential des frühen Sprachenlernens profitieren; die Mehrsprachigkeit des Landes respektieren; im europäischen Kontext konkurrenzfähig bleiben – unterstützen wir.
Wichtige Bedingung für das Erlernen von Fremdsprachen ist die Förderung und Festigung der Erst- oder Muttersprache. Damit wird die Grundlage für das Erlernen weiterer Sprachen gelegt. Für die Förderung und Festigung der Erst- oder Muttersprache ist eine Zusammenarbeit mit schulexternen Anbietern entscheidend. Wichtig ist ebenso, dass die Sprachförderung der Ursprungssprache schon Vorschulalter beginnt.
Ziel des Fremdsprachenunterrichts soll heutzutage die Fähigkeit stehen, sich verständigen zu können, weniger entscheidend ist dabei die Grammatik. Für uns ist die Sprachbegegnung eine wichtige Voraussetzung für das Erlernen von Fremdsprachen. Heute genügen im Fremdsprachenunterricht zwei Lektionen pro Woche nicht, vor allem wenn wir daran denken, dass in einer Klasse oft 20 und mehr Lernende sitzen. Angebracht ist hier Halbklassenunterricht, ebenso soll die Frage einer dritten Lektion ernsthaft diskutiert werden1.
Vielerorts werden heute Französisch und Englisch schon an der Primarschule benotet und sind beim Übertritt in die Sekundarschule promotionswirksam. Wir sind der Ansicht, dass dies nicht nach dem Sinne des Sprachenkonzepts ist.
Wir unterstützen Austauschprogramme, wie sie im Sprachenkonzept 2004 vorgesehen sind. Ein solcher Austausch soll sich nicht nur auf Schulklassen oder einzelne Kinder beschränken. Ebenso begrüssen wir den Austausch von Lehrpersonen. Lehrpersonen aus der deutschen Schweiz unterrichten – z. B. einen Monat – in der französischen Schweiz und umgekehrt. Warum nicht auch ein Austausch mit Praktikant/innen aus England? Gefördert werden soll die Freude am Sprechen und Kulturaustausch, so wie dies im Sprachenkonzept vorgesehen ist. Damit wird die Idee des bilingualen oder immersiven Fremdsprachenunterrichts gefördert. Die fremdsprachigen Lehrpersonen unterrichten Fächer wie Bewegung und Sport oder Räume, Zeiten, Gesellschaft.
Wir stellen fest, dass die Gelingensbedingungen für zwei Fremdsprachen heute (noch) nicht vorhanden sind. Dies ist einer der wichtigen Gründe, weshalb in den letzten Monaten heftige Diskussionen – ein oder zwei Fremdsprachen an der Primarschule - geführt wurden. Ein zentrales Argument ist dabei, dass die Kinder mit zwei Fremdsprachen im Primarschulalter überfordert sind. Ein Blick auf Studien zeigt, dass beide Thesen – zwei Fremdsprachen überfordern die Kinder, bzw. Kinder lernen im frühen Alter besser Fremdsprachen – belegt werden können.
Damit Kinder im frühen Alter Fremdsprachen lernen können, müssen die Gelingensbedingungen stimmen, die Aus- und Weiterbildung der Lehrpersonen sichergestellt werden, ebenso muss bei den Kindern die Erst- bzw. Muttersprache gefördert werden.
Im heutigen Zeitpunkt sind wir skeptisch gegenüber zwei Fremdsprachen an der Primarschule und fordern, dass die Grundvoraussetzungen für die Umsetzung des Sprachenkonzepts 2004 unverzüglich umgesetzt werden. Ebenso kritisch sind wir aber gegenüber Bemühungen und Initiativen, die fordern, dass nur eine Fremdsprache an den Primarschulen gelehrt wird. Solche Initiativen bergen die Gefahr in sich, dass Reformen nach wenigen Jahren ‚umreformiert‘ werden, ganz nach dem Motto ‚einmal so‘, dann wieder ganz anders.

S&E Schweiz setzt sich in erster Linie dafür ein, dass das Sprachenkonzept von 2004 so umgesetzt wird, dass die Kinder mit Freude Fremdsprachen lernen. Einen Flickenteppich – einige Kantone haben das Konzept von zwei Fremdsprachen an der Primarschule, andere Kantone haben das Konzept einer Fremdsprache an der Primarschule2  - lehnen wir ab.

  1. In diesem Zusammenhang verweisen wir auch auf unsere Stellungnahme zum Lehrplan 21 – wir äussern uns nicht zur Wochenstundentafel, weil wir der Ansicht sind, dass Diskussionen über bestimmte Lektionen-Zahl pro Woche nicht fruchtbar sind, als sinnvoller betrachten wir die Festlegung – in Bandbreiten – von Lektionen für einen Zyklus. Gerade für den Fremdsprachenunterricht scheint uns dies sinnvoll zu sein. Stichwort Austauschprogramme.
  2. Im September 2013 startete ein überparteiliches Komitee in Luzern eine kantonale Initiative für Eine Fremdsprache auf Primarstufe. Schon im Jahre 2004 sammelte der LLV (Luzerner Lehrer- und Lehrerinnenverband) eine gleiche Initiative und sammelte innert kurzer Zeit 6000 Unterschriften (notwendig sind 4000 Unterschriften). 2007 haben sie die Initiative wegen zu geringen Echos zurückgezogen. Heute sitzen im Initiativkomitee Vertreter/innen aus allen Parteien, wie auch aus dem LLV.

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